Sherlock Holmes im Film – Teil 2: Action statt Deduktion? Die Guy-Ritchie-Adaptionen unter der Lupe


Ein Beitrag der Kurtz Detektei Mannheim


Im ersten Teil unserer Artikelreihe zu Sherlock Holmes im Film haben wir die vielschichtige, ruhige und altersweise Interpretation in Bill Condons 2015er Interpretation Mr. Holmes analysiert – ein Film, der sich rund um seinen Hauptdarsteller Ian McKellen tief mit Themen wie Altern, Gedächtnis, Wahrheit und menschlicher Fehlbarkeit auseinandersetzt.

Ganz anders präsentieren sich die beiden Blockbuster-Filme Sherlock Holmes (2009) und Sherlock Holmes: Spiel im Schatten (2011) unter der Regie von Guy Ritchie mit Robert Downey Jr. in der Titelrolle. Sie zelebrieren einen Sherlock Holmes, der Faustkämpfe liebt, in Zeitlupe Explosionen entgeht und sich mehr auf Körpereinsatz als auf klassische Deduktion verlässt.

Doch wie viel „Holmes“ steckt in diesen Filmen eigentlich noch? Und was unterscheidet sie vom traditionellen, literarisch inspirierten Holmes-Bild?


Sherlock-Holmes-Silhouette vor klassischem Filmkino; Detektei in Mannheim, Detektiv in Mannheim, Privatdetektiv in Mannheim, Privatdetektei in Mannheim

Stilistische Kehrtwende: Von leiser Reflexion zur bombastischen Inszenierung


Während Mr. Holmes fast schon kontemplativ und entschleunigt daherkommt und damit durchaus in der Tradition klassischer filmischer Holmes-Adaptationen steht, werfen die Guy-Ritchie-Filme mit visuellen Reizen, Slapstick und martialischem Soundtrack nur so um sich. Die Kamera rast durch das viktorianische London, Explosionen und Nahkampfszenen dominieren das Geschehen; Robert Downey Jr. liefert sich in seiner Rolle als Holmes Wortgefechte und Faustkämpfe mit Schurken, die eher an James-Bond-Filme als an Professor Moriarty erinnern. Der Fokus liegt klar auf Unterhaltung und Tempo, weniger auf psychologischer Tiefe oder realitätsnaher Ermittlungstätigkeit. Das hängt entscheidend mit folgenden Faktoren zusammen:

  • Robert Downey Jr. verkörpert Holmes als schlagfertigen Exzentriker mit Hang zur Selbstzerstörung.
  • Dr. Watson (Jude Law) wird zur ebenbürtigen Actionfigur, ist nicht mehr nur Sidekick.
  • Deduktion erfolgt oft im Stil eines inneren Monologs in Zeitlupe – clever inszeniert, aber stellenweise aufgesetzt.

Das alles sorgt für Popcorn-Kino, aber nicht für detektivische Substanz.


Der Holmes der Guy-Ritchie-Filme: Detektiv oder Abenteurer?


Die zentrale Frage lautet: Ist das noch Sherlock Holmes – oder einfach ein austauschbarer Actionheld mit Zugpferd-Namen und in viktorianischem Setting?

Die literarische Figur lebt von messerscharfer Beobachtungsgabe, leiser Arroganz, analytischer Kälte – und davon, dass sie geistige Brillanz über körperliche Dominanz stellt. In den Guy-Ritchie-Filmen hingegen:

  • werden Ermittlungsarbeit und klassische Beweisführung stark vereinfacht oder zugunsten von Actionszenen übergangen.
  • dominiert die äußere Handlung das Geschehen – Explosionen, Verfolgungsjagden, Faustkämpfe.
  • wirkt Holmes oft mehr wie ein Agent in geheimer Mission denn wie ein beratender Detektiv (consulting detective).

Kurzum: Das von der Kurtz Detektei Mannheim natürlich besonders geschätzte detektivische Element wird zur Nebensache. Und damit verliert die Figur ein Stück ihrer Faszination – zumindest aus Sicht der realen Ermittlungsarbeit.


Ein Holmes, der auf Schusswaffen setzt statt auf seinen Intellekt? Geschmackssache.


Was hat das mit echter Detektivarbeit zu tun?


Natürlich muss man fair sein: Kein Spielfilm über Sherlock Holmes erhebt den Anspruch, reale Detektivarbeit eins zu eins abzubilden. Doch gerade im Vergleich zu klassischen Holmes-Darstellungen wie jenen von Basil Rathbone oder Jeremy Brett, aber auch zum ruhigen Mr. Holmes, der Themen wie Erinnerungsunsicherheit, Beweisnot und menschliches Versagen aufgreift, wirken die Guy-Ritchie-Filme wie ein bewusstes Gegenprogramm – lauter, einfacher, spektakulärer.

Für unsere Privatdetektive aus Mannheim ergibt sich ein aussagekräftiger Kontrast: Während die tägliche Arbeit echter Detektive in der Regel mit Geduld, Beobachtung, Dokumentation und rechtlicher Genauigkeit zu tun hat, zeigt das Kino-Holmes-Spektakel eher eine Karikatur des Berufs.


Kritik: Effekte statt Essenz?


Aus Sicht von Fans des klassischen Holmes – und auch aus Sicht vieler realer Ermittler – kratzt diese Art der Darstellung bestenfalls an der Oberfläche. Die Komplexität des Denkens aus Arthur Conan Doyles literarischer Vorlage wird durch schnelle Schnitte ersetzt, deduktive Meisterschaft durch visuelle Effekte. Der Detektiv als Handwerker der Wahrheit? In Guy Ritchies Adaption wird er zum Entertainer mit Kampferfahrung.

Was den Filmen fehlt:

  • tiefgründige Dialoge,
  • psychologische Raffinesse,
  • realistische Ermittlungslogik,
  • plausible Fallentwicklung.

Die Ritchie-Filme setzen bewusst auf Überzeichnung und Spektakel – was filmisch legitim ist und Blockbusterbegeisterte in die Kinos lockt, aber mit der Arbeit unserer echten Detektive in Mannheim kaum noch etwas zu tun hat.



Fazit: Sherlock Holmes, aber bitte mit Substanz


Die Filme von Guy Ritchie haben zweifellos Millionen unterhalten – und das mit Stil, Tempo und Humor. Aber sie stehen in der Tradition eher des Popcornkinos als der klassischen Kriminalliteratur. Wer auf eine filmische Auseinandersetzung mit Holmes als analytischem Genie, als Symbol für die Kunst der Ermittlung hofft, wird enttäuscht.

Für Freunde klassischer Detektivarbeit bleiben ältere Adaptionen die deutlich stärkere, tiefere und realistischere Auseinandersetzung mit der Figur des englischen Meisterdetektivs; für Freunde psychologisierter Charakterzeichnung ragt der sogar etwas jüngere Streifen Mr. Holmes heraus. Für Actionfans hingegen sind die Guy-Ritchie-Adaptionen ein gelungenes Spektakel – nur eben kein authentischer Holmes. Schön ist und bleibt aber so oder so, dass der Beruf unserer Detektive aus Mannheim nach wie vor international so viele Menschen fasziniert, um laufend Neu-Interpretationen seines berühmtesten (fiktionalen) Vertreters zu ermöglichen. Das Jahr 1886 sah die Geburt von Sherlock Holmes – 140 Jahre später hat er seine Faszination noch lange nicht verloren und inspiriert noch immer.


Kurtz Detektei Mannheim und Rhein-Neckar

Q4 4

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Originalbeitrag: https://kurtz-detektei-mannheim.de/detektei-blog/Sherlock-Holmes-im-Film-Teil-2-Action-statt-Deduktion-Die-Guy-Ritchie-Adaptionen-unter-der-Lupe/

Sherlock Holmes im Film – Teil 1: Mr. Holmes (2015)


Ein Viktorianer im 21. Jahrhundert


Sherlock Holmes erfreut sich offenbar nicht nur bei den Ermittlern unserer Detektei in Kiel ungebrochener Beliebtheit, denn der Meisterdetektiv flimmert aktuell so häufig über Kinoleinwände und Fernseher wie selten zuvor. Sowohl Filme wie die High-Budget-Blockbuster von Regisseur Guy Ritchie mit Robert Downey jr. in der Hauptrolle als auch Fernsehserien wie Sherlock von der BBC oder Elementary aus dem Hause CBS spielen Millionen ein – an den Kinokassen, über Werbemaßnahmen und im Merchandising. Im Laufe unserer neuen Reihe „Sherlock Holmes im Film“werden wir detaillierter auf alle drei Adaptionen zu sprechen kommen.

Holmes ist eine derart ikonische Figur, dass man den Überblick verliert über die unzähligen Geschichten, die im Laufe der Jahrzehnte geschrieben und verfilmt wurden und ihn entweder als Hauptfigur haben oder als Nebenfigur auftreten lassen. Je nach Genre trifft er dabei auf reale Figuren seiner Zeit oder auf „Kollegen“ aus der viktorianischen Literatur. Die Phantasie der Autoren scheint unbegrenzt: Sowohl echte Kriminalfälle, wie die Jack-the-Ripper-Morde, als auch Fälle, die Figuren und Szenarien anderer Autoren wie H. G. Wells (die Invasion der Marsianer in Krieg der Welten) oder Bram Stoker (Dracula) zum Thema haben, bilden den Hintergrund für mehr oder weniger originelle Geschichten. So sehr ist seine Figur mit der Epoche des viktorianischen Englands verbunden, dass oft unterschlagen wird, wie viele der originalen Sherlock-Holmes-Geschichten aus der Feder seines Schöpfers Arthur Conan Doyle erst nach dem Ende dieses Zeitalters entstanden. Als Queen Victoria im Jahr 1901 starb, schien Doyle sogar genug zu haben von seinem Helden, denn er hatte ihn acht Jahre zuvor in der Kurzgeschichte Das letzte Problem (The Final Problem) sterben lassen. Der Großteil der Geschichten indes – nämlich zwei von vier Romanen und drei von fünf Kurzgeschichtensammlungen – sollte erst noch folgen, wie in unserer Reihe „Der Privatdetektiv in der Literatur“ Teil 5 und 6 nachzulesen ist.


Mr. Holmes: humorvolles Aufräumen mit Sherlock-Klischees


Den Umstand, dass ein großer Teil der Lebenszeit des fiktiven Detektivs erst nach dem Viktorianischen Zeitalter stattgefunden haben dürfte, greift auch der jüngste Ansatz von Regisseur Bill Condon auf, und daher nähern wir uns dem Thema heute einmal umgekehrt chronologisch: In Mr. Holmes, einem Kinofilm aus dem Jahr 2015, basierend auf Mitch Cullins A Slight Trick of the Mind, ist Sherlock Holmes der Überlebende einer längst vergangenen Epoche. Watson, Mrs. Hudson, sein Bruder Mycroft – alle sind längst verstorben; Holmes selbst hat sich vor über 30 Jahren aufs Land zurückgezogen und züchtet Bienen (ein Motiv mehrerer Romane aus Holmes-Pastiches, u. a. auch in denen von Henry Fitzgerald Heard).

Ein schöner Kniff ist die bewusste Haltung des Films zur Klischeefigur Sherlock Holmes: Im Film ist Holmes zwar eine sehr populäre reale Figur, die allgemeinen Vorstellungen über den Meisterdetektiv stammen jedoch gänzlich aus der Feder des ebenfalls realen John Watson – und nicht etwa von Doyle – als Verfasser der bekannten Abenteuer von Sherlock Holmes. Die Deerstalker-Mütze und das Cape? Habe er, so Holmes, in Wahrheit nie getragen! Die Pfeife? Er präferiere Zigarren! Selbst die Adresse sei geflunkert: Holmes machte sich zu seiner Londoner Zeit einen Spaß daraus zu beobachten, wie Schaulustige („amerikanische Touristen“, wie Holmes lakonisch feststellt) die Baker Street 221b heimsuchen – und zwar aus dem Fenster seiner wahren Wohnung, schräg gegenüber. Der Detektiv kommentiert die Erzählungen um seine angeblichen Taten folgendermaßen: „Ich habe Watson gesagt, falls ich je eine Geschichte schreibe, dann nur zur Korrektur der Millionen falschen Vorstellungen, die seine poetische Freiheit geschaffen hat.“ Ein Highlight auch, wie er später, in den 1940er Jahren, im Kino schmunzelnd eine fiktionalisierte Filmversion eines echten Falles sieht, mit einem „klassischen“ Holmes inklusive Deerstalker, Cape und Pfeife – eine augenzwinkernde Hommage an die erfolgreiche Filmserie mit Basil Rathbone, auf die unsere Kieler Detektive in der Reihe „Sherlock Holmes im Film“ selbstverständlich ebenfalls zu sprechen kommen werden.


Die Vermenschlichung eines übermenschlichen Geistes


Die Rahmenhandlung von Mr. Holmes spielt im Jahr 1947. Somit wird Holmes Zeuge des gerade angebrochenen Atomzeitalters – eine Tatsache, auf die der Film in mehreren Szenen deutlich anspielt. Den gebrechlichen Holmes sucht sein allerletzter Fall heim: Von Senilität geplagt, versucht er sich an die Vorfälle zurückzuerinnern, die ihn 35 Jahre vorher dazu bewogen hatten, das Detektiv-Geschäft und sein Leben in London aufzugeben, um sich aufs Land zurückzuziehen. So weit, so gut, doch das wirklich Originelle liegt im Fehlen dessen, was doch stets die Sherlock-Holmes-Geschichten definiert hat: das handlungsbestimmende Rätsel um einen Kriminalfall. Wer ist der Mörder, was war sein Motiv? All das spielt hier keine Rolle. Tatsächlich gibt es für den größten aller Detektive kein Rätsel zu lösen, außer dem wirklich letzten: Wer ist Sherlock Holmes, wenn er das verliert, was ihn ausmacht? In einer bewegenden Szene zieht er ein Resümee, dass er zwar sein Leben lang allein gewesen sei, doch als Ausgleich immer seinen Intellekt hatte – genau den droht er jetzt, in hohem Alter, endgültig zu verlieren. Was aber macht das mit einem Mann, dessen gesamtes Ego durch seinen Scharfsinn definiert wird? Holmes ist plötzlich eine verletzliche Person, ein von Sorgen geplagter Mensch statt einer Denkmaschine, die alles Unwesentliche ausblenden kann. Vielleicht zum ersten Mal wird sein Herz angesprochen (unter anderem auch durch den wissensbegierigen Sohn seiner Haushälterin) – und das bringt ihn aus dem Gleichgewicht.

Das Mysterium des Films ist daher kein Mord oder ein anderer Kriminalfall, sondern Holmes selbst. Viele Facetten kennen die Leser und Zuschauer von Sherlock Holmes, aber diese hier ist neu: Als Meister der Logik und Deduktion hatte man den Privatdetektiv bisher als zwar brillanten, dafür aber doch sehr unnahbaren, ja fast schon kalten Charakter kennen gelernt, oder (wie es Benedict Cumberbatch in der Verkörperung des titelgebenden Charakters in der großartigen Serie Sherlock ausdrückt) gar als „hochgradig funktionierenden Soziopathen“. Nähe, gar Intimität zu unserem Meisterdetektiv kam in den allermeisten Geschichten nicht auf – das macht Mr. Holmes so originell. Ian McKellen, selbst eine Ikone und gewohnt, solche zu spielen, agiert gewohnt großartig als strauchelnder alter Zausel, der mit den Geistern der Vergangenheit hadert. Verschachtelt auf drei Zeitebenen erzählt, weiß der Film der Figur des Sherlock Holmes neue und liebenswerte Facetten hinzuzufügen.


Ian McKellen als 93jähriger Rentner-Sherlock im Kinofilm „Mr. Holmes“, © Miramax 

Neuer Realismus, ungekannte Menschlichkeit


Ist der Film eine Empfehlung wert? Nun, wer sich auf Action à la Guy Ritchie einstellt oder auf spannende Kriminalfälle, wird wahrscheinlich enttäuscht werden. Wer jedoch Lust hat auf einen Film mit ruhigerer Erzählweise, der sich Zeit nimmt, in die Charaktere einzutauchen, sollte Mr. Holmes nicht verpassen – vor allem nicht, wenn er Sherlock-Holmes-Fan ist. Da der Alltag unserer Privatdetektive aus Kiel nicht nur von spannenden Fällen mit dem größten „Thrill“ bestimmt wird, sondern von ganz realen Menschen mit normalen Schicksalen, ist es erfrischend, in Mr. Holmes einen Film zu finden, der sich keines Klischee-Mordfalles bedient, sondern tief in die Psychologie seiner Figuren eintaucht und selbst den größten aller fiktiven Detektive zur Abwechslung einmal sehr menschlich erscheinen lässt.


Verfasser: Gerrit Koehler  

Kurtz Detektei Kiel und Schleswig-Holstein

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